Wie funktionieren Raummoden?

August 22, 2023 | Know-how

Schlechte Bässe, ein resonanter Raum – all das ist eine Frage der Akustik und oft liegt es an den Abmessungen des Raums. Hierin liegt der Ursprung der Raummoden…

Warst du jemals in einem Raum mit schlechter Akustik? Hat dir jemand geraten Bassfallen im Studio aufzustellen? Gefällt dir der Klang deiner Stimme unter der Dusche? Ein Hauptgrund für das alles könnten Raummoden sein.

Obwohl sie nicht der einzige Faktor bei der Raum- und Studioakustik sind, haben Raummoden dennoch einen starken Einfluss darauf, wie etwas klingt. In diesem Artikel erklären wir dir was Raummoden sind, wie sie entstehen und du damit umgehen kannst.

Übrigens – wir haben den Umgang mit Raummoden bereits im Artikel Studio Akustik optimieren: So bekommt ihr Raummoden in den Griff behandelt, aber geben dir hier noch eine ausführlichere Erklärung darüber, was sie sind und wie sie verursacht werden.

Raummoden 1×1 (und 2×2, und 3×3…)

Raummoden entstehen durch Resonanzen, welche aufgrund der Größe eines Raumes und den Abständen zwischen den Wänden auftreten. Wenn sich solche Moden summieren, erzeugen sie ein starkes Resonanzfrequenzprofil für den Raum, hauptsächlich im Bassbereich bis etwa 300Hz.

Angenommen du hast einen Raum mit 4 Metern Länge, dann passt genau eine Schallwelle mit einer Wellenlänge von 4 Metern zwischen beide Wände. In dem Raum würde jedoch auch eine Schallwelle mit 8 Metern Platz haben, indem sie ihren Knotenpunkt zwischen den beiden Wänden „faltet“. Wie du in der unteren Abbildung sehen kannst, passen in einen Raum von 4 Metern auch andere Wellenlänge genau hinein, etwa 2,66 Meter oder 2 Meter.Wenn sich Schallwellen auf diese Weise perfekt in einen Raum einfügen, dann erzeugen sie dank des Phänomens der akustischen Resonanz sogenannte „stehende Wellen“. Genau diese Prinzipien gelten auch für die Funktionsweise von Instrumenten wie Trompeten, Pfeifenorgeln und Flöten – durch Resonanz werden stehende Wellen erzeugt. Wenn sich die Länge eines Instruments verändert, ändert sich auch die Wellenlänge der stehenden Welle und man erhält einen anderen Ton. Da diese Instrumente klein und die Abmessungen genau abgestimmt sind, ist der Klang in der Regel dennoch angenehm… aber große Räume sind selten gestimmt.

 

Aber kehren wir zu unserem Raum mit 4 Metern Wandabstand zurück. Für jede Wellenlänge gibt es eine dazugehörige Frequenz. Die stehenden Wellen von 8 Metern, 4 Metern, 2,66 Metern und 2 Metern haben Frequenzen von 43Hz, 86Hz, 129Hz und 172Hz.Man kann die Frequenz ermitteln, indem man die Schallgeschwindigkeit (nehmen wir an, dass diese 344 Meter pro Sekunde beträgt) durch jede gemessene Wellenlänge dividiert.

Was sind die Folgen von Raummoden?

Bei den oben aufgelisteten Frequenzen handelt es sich also um Resonanzen bzw. Raummoden, die durch die spezifische Abmessung von 4 Metern zwischen den Wänden erzeugt werden. Wenn sich diese Frequenzen im Raum befinden, werden sie entweder verstärkt oder reduziert, je nachdem, wo man sich im Raum befindet. Die Frequenzen sind also entweder lauter und brauchen mehr Zeit um abzuklingen oder sie sind leiser und werden abgedämpft. Raummoden sind übrigens auch ein wichtiger Faktor, wenn es um den Charakter eines hallenden Raumes geht.

Im Bereich der Musikproduktion hat jeder Klang ein einzigartiges Frequenzprofil, das aus mehreren Frequenzen oder bestimmten Frequenzbändern besteht, welche mehr oder weniger resonant sind. Wenn wir ein Instrument in einem Raum mit seinen einzigartigen Resonanzen spielen, aufnehmen oder simulieren, können bestimmte Frequenzen übermäßig hervorgehoben werden, während andere unerwünscht gedämpft werden. Im Grunde genommen verhält sich ein Raum also wie ein Equalizer, der die Frequenzen eines Klangs verändert.

Wie sollten Raummoden idealerweise ausschauen?

In der Theorie wäre der ideale Frequenzgang eines Raumes völlig flach, also der Klang würde wiedergegeben werden, ohne dass dabei die Frequenzbänder durch die Raumakustik hervorgehoben oder abgeschwächt werden. Das Ergebnis wäre ein Nachhall der keine bestimmten Frequenzen hervorhebt, sodass das Signal originalgetreu wiedergegeben wird.

Ein vollkommen ausgewogener Frequenzgang ist zwar praktisch unmöglich, aber man kann sich dem Ideal annähern oder sich davon entfernen, je nachdem wie man einen Raum gestaltet.

Raummoden und Resonanzen in Verbindung mit Reverb

Unser Plug-in smart:reverb sieht sich das Frequenzprofil deines Audiosignals an und entwirft automatisch einen Raum, der gut zur Eingangsquelle passt.

Dabei wird das Eingangssignal analysiert und ein Raum mit invertiertem Profil als Umgebung erzeugt. So werden lang nachklingende Frequenzen vermieden, wo das Signal bereits viel Energie mitbringt und mehr Hall erzeugt, wo deine Musik nur wenig Energie aufweist.

smart:reverb by sonible

Raummoden werden leider noch etwas komplizierter…

Bisher haben wir uns in unserem imaginären Raum nur ein einziges Paar von Wänden angeschaut, das 4 Meter voneinander entfernt ist. Jedoch gibt es noch mehr zu beachten, wenn es um die Akustik eines Raumes geht. Selbst ein einfacher Raum hat drei Dimensionen – Länge, Breite und Höhe – und daher mehrere parallele Wände, die zusätzliche Resonanzen erzeugen können. All diese parallelen Wände haben typischerweise unterschiedliche Abstände zueinander, was zu einer komplexen Kombination von Resonanzfrequenzen führt.

Nehmen wir an, unser Raum ist 4 Meter mal 5,4 Meter mal 1,75 Meter groß. Wenn wir anschließend die Wellenlängen (und damit die Resonanzfrequenzen) berechnen, die durch die beiden „neuen“ Wände entstehen, erhalten wir zusätzliche Resonanzen bei 31,9Hz, 63,7Hz, 95,6Hz und 127,4Hz (bei 5,40 Metern) und 98,3Hz, 196,6Hz, 294,9Hz und 393,1Hz (bei 1,75 Metern).

Room and Roomodes in a Diagram – sonible

Das ist eine beachtliche Ansammlung von Moden. Da die Anzahl der Berge und Täler im Frequenzspektrum immer mehr zunimmt, beginnen sich die Moden zu überlappen, zu verstärken und auszulöschen.

Raummoden zweiter und dritter Ordnung

Es wird nochmal schlimmer, bevor es wieder besser wird. Neben unseren drei parallelen Wandpaaren können sich auch zwischen anderen Wandkombinationen Moden und stehende Wellen bilden. Eine kann sich beispielsweise zwischen der vorderen, linken, hinteren und rechten Wand bilden, eine andere zwischen der Decke, der vorderen Wand, dem Boden und der hinteren Wand. Und dann können auch noch weitere ungünstige Kombinationen von Wänden stehende Wellen hervorrufen.

Die gute Nachricht ist, dass diese immer höher werdende Zahl an Raummoden auch eine gewisse Entlastung von einzelnen Moden im Raum bringen kann. Wenn sich so viele Moden aufgrund der vielen Wege zwischen den Wänden bilden, können sie dazu beitragen, die von einem bestimmten Wand-Paar verursachten Resonanzen abzuschwächen. Das Durcheinander und das entstehende Chaos so vieler Resonanzen kann die gesamte Lage also beruhigen. Ob das schlussendlich auch der Fall ist, hängt jedoch von weiteren Faktoren ab.

Weitere Faktoren, die bei Moden zu berücksichtigen sind

Raummoden sind unterhalb von 300 Hz am schlimmsten

Eigentlich sind die oben genannten höchsten Frequenzen gar nicht so problematisch. Oberhalb von 300 Hz reihen sich so viele Obertöne unterschiedlicher Moden aneinander, dass sie sich mitteln und somit aufheben. Raummoden sind deshalb eher in bei tiefen Frequenzen ein Problem.

 

Wenn sich eine Schallquelle oder ein Zuhörer im Raum bewegt, ändert sich auch die Zusammensetzung der Raummoden, die den Frequenzgang beeinflussen

Moden verändern sich im Raum stets

Wie bereits erwähnt führen Moden nicht nur zu Frequenz-Überhöhungen im Raum, sie können auch zu Frequenz-Abschwächungen führen. Welleninterferenzmuster, also Überlagerungen von Wellen, werden normalerweise mit Lichtwellen demonstriert, aber die gleichen Prinzipien gelten auch für die Interaktion von Schallwellen in einem Raum: Wenn sich eine Schallquelle oder ein Zuhörer im Raum bewegt, bedeuten diese Interferenzmuster, dass sich die jeweils lokale Überlagerung von Raummoden (die den Frequenzgang beeinflusst) ebenfalls ändert.

Fast alles kann Moden beeinflussen

Denk daran, dass die Räume, von denen wir in diesem Artikel gesprochen haben, „Schuhschachteln“ sind, in denen sich nichts befindet. Alles was sich schlussendlich in deinem Raum befindet – einschließlich der Menschen – wird den Frequenzgang beeinflussen. Vor allem auch unterschiedliche Oberflächen haben einen Einfluss, da verschiedene Frequenzen unterschiedlich stark absorbiert werden, wenn sie auf unterschiedliche Materialen treffen.

Raummoden zusammengefasst

Moden wirken sich auf den Klang eines Raumes aus und sind unweigerlich in jedem Raum vorhanden. Sie entstehen aufgrund der Tatsache, dass ein Raum Oberflächen hat, die sich in einem bestimmten Abstand voneinander befinden. Und jede Wellenlänge, die genau in einen derartigen Abstand passt bzw. auch die jeweils halbe Wellenlänge und alle harmonischen Vielfachen der Wellenlänge resultieren in einer stehenden Welle – und damit einer Raummode.

Das Bestreben, Raummoden zu beseitigen, kann auch zu weit gehen. Wenn ein Raum eine besonders schlechte Resonanz aufweist, kann man ihn behandeln – oder einfach einen anderen Raum wählen. In einem Aufnahmeraum tragen die vorhandenen Resonanzen im Guten wie im Schlechten zum Charakter des Sounds bei. Bei einem Abhörraum sollte man sich mehr Gedanken machen und eher auf einen „flachen“ Frequenzgang abzielen.