Studio Akustik optimieren: So bekommt ihr Raummoden in den Griff

November 2, 2017 | How-to

Raummoden verfälschen vor allem im tiefen Frequenzbereich die Akustik eures Studio- und Aufnahmeraums. Bässe können an der einen Position dröhnen und an einer anderen Stelle kaum hörbar sein. Verantwortlich für Moden sind stehende Wellen. In diesem Artikel zeigen wir euch unterschiedliche Methoden, wie ihr in eurem Studio mit ihnen umgehen könnt.

Inhalt

Raummoden – auch Raumresonanzen genannt – entstehen, wenn gewisse Wellenlängen mit den Raummaßen korrelieren. Diese Frequenzen können dröhnen und schwingen länger nach. Sie sind folglich an bestimmten Positionen viel stärker beziehungsweise an anderen kaum mehr zu hören.

Für die akustischen Effekte der Raummoden sind stehende Wellen verantwortlich. Diese spezielle Art von Schwingung bildet sich zwischen parallelen Flächen. Wie der Name schon sagt, sind sie ortsfest und für den selben Raum immer gleich. Haupteinfluss auf dieses Phänomen hat die Geometrie eines Raumes. Diese kann fast nur durch grobe bauliche Eingriffe verändert werden. Daher zeigen wir euch hier, wie ihr auch ohne Umbaumaßnahmen Moden in den Griff bekommt.

Die akustische Landkarte eures Studioraums

Zu Beginn empfiehlt es sich, eine Art „akustische Landkarte“ zu erstellen. Sie gibt uns ein Gefühl dafür, wo Raummoden problematisch sein können. Anhand eines Beispiels zeigen wir euch, wie man diese Landkarte konstruiert und praktisch anwenden kann. Unser Beispiel-Raum besitzt einen rechteckigen Grundriss von 6 m x 5 m und ist 2,5 m hoch. Die einzelnen Wände, Decken und der Boden stehen wie üblich parallel zueinander. Wir nehmen zuerst einen idealen Raum mit harten Oberflächen an. Im Anschluss zeigen wir euch, wie sich die errechneten Werte in eure Realität übertragen lassen.

ideal exemplary room 2,5x5x6 m

Die Effekte von Raummoden sind in der Regel bis 350 Hz am stärksten ausgeprägt. Das ist auch die Obergrenze für unser Beispiel. Die Schröderfrequenz sagt euch, wo diese Grenze für euren eigenen Raum liegt. Ihr könnt sie aus der Raummoden Tabelle auslesen.

Raummoden Tabelle erstellen (gratis Excel Tabelle)

Für unsere akustische Landkarte erstellen wir als nächstes eine Raummoden Tabelle mit den axialen Moden. Diese treten zwischen parallelen Wänden auf und haben den stärksten Effekt. Man kann sich den Effekt für die Verteilung des Schalldrucks (pressure, grün) vorstellen, wie eine Gitarrensaite (hier Luft), die zwischen zwei Punkten (hier die Wände) fest eingespannt ist. Für die Schallschnelle (velocity, rot) sieht die Verteilung genau entgegengesetzt aus. Das Gehör ist ein sogenannter Schalldruckempfänger – Mikrofone können je nach Typ auch Schallschnellenempfänger sein.

sound pressure inside ideal room

Die Verteilung des Schalldrucks (Maxima direkt an den Wänden) einer Raummode vierter Ordnung.

sound velocity inside ideal roomDie Verteilung der Schallschnelle (Minima direkt an den Wänden) einer Raummode vierter Ordnung.

Der Abstand zwischen Wänden (bzw. die Länge der Saite) ist ausschlaggebend für die betroffenen Frequenzen. Jede Mode hat außerdem mehrere Ordnungen, also ganzzahlige Vielfache ihrer Grundfrequenz.

First five orders of room modes | Raummoden

Mittels der Formel

errechnen wir nun die Frequenzen für die tiefste Ordnung n=1 entlang der Länge d=6m des Raumes. Im Falle unseres Beispiels sieht das für die Mode der Raumlänge erster Ordnung folgendermaßen aus:

Für die Ordnung n werden nun fortlaufend ganze Zahlen eingesetzt. Für das Formelzeichen d verwenden wir die jeweilige Raumabmessung und die Schallgeschwindigkeit c nehmen wir konstant mit 343 m/s an. Somit erhalten wir für unseren Beispiel-Raum die folgende Raummoden Tabelle.

Zur raschen Erstellung der Tabelle, könnt ihr einfach diese Excel Tabelle nehmen. Tragt eure Raummaße ein, den Rest inklusive der Wellenlänge in Meter wird errechnet:

Excel Raummoden Tabelle

room modes calculation

Man sieht sofort, eine ganze Reihe von Frequenzen können von Raummoden betroffen sein. Die ausgegrauten Frequenzen liegen außerhalb des relevanten Bereichs. Es kann auch passieren, dass bei euren Berechnungen bestimmte Frequenzen mehrfach vorkommen (rot markiert). Dies ist der Fall, wenn zumindest zwei Raumabmessungen im ganzzahligen Verhältnis zueinander stehen. Diese Frequenzbereiche sind besonders anfällig für störende Resonanzen. Gerade sie solltet ihr im Auge behalten. Vor allem, wenn es um die Wahl eures Regieplatzes geht.

Schritt für Schritt: So findet ihr den besten Regieplatz

Die Raummoden Tabelle bezieht sich, wie gesagt, auf einen idealen Raum. In der Realität geben die Oberflächen, die Einrichtung und Architektur jedem Raum zusätzlich spezifische akustische Eigenschaften. Um eure akustische Landkarte zu verfeinern und den perfekten Abhörplatz zu finden, benötigt ihr nicht mehr als einen Sinuston-Generator und euer Gehör.

  1. Nehmt eure Raummodentabelle in die Hand und spielt einen Sinuston Sweep von 20 bis 350 Hz ab. Markiert die Frequenzen in der Tabelle, bei denen der Sinuston besonders auffällig lauter oder leiser wird. Achtung auf rote Werte!
  2. Spielt nun die markierten Frequenzen statisch ab. Bewegt euch dabei im Raum herum. So bekommt ihr ein Gefühl, wie sich die stehende Welle in eurem Raum verhält.
  3. Sucht euch so einen geeigneten Regieplatz. Nachdem ihr einen gefunden habt, verfeinert euren Standort durch leichtes Variieren der betroffenen Frequenzen. Notiert in der Tabelle die Abweichungen.

Sinuston Sweep: logarithmisch von 20Hz bis 360 kHz

PRO-TIPP: Moden kommen auch zwischen Decke und Boden vor: Also immer auch auf die richtige Höhe der Hörposition achten.

Wenn ihre diese Schritte durchgegangen seid, habt hier eine recht genaue Vorstellung, wie sich tiefe Frequenzen in eurem Raum verhalten. Perfekt wird es praktisch nie, aber der richtige Abhörplatz und das Bewusstsein für die Gipfel und Täler der Wellen, machen euren Mix in jedem Fall besser. Ganz ähnlich, wie bisher beschrieben, verhält es sich bei der Aufnahme.

Raummoden beim Recording – Tipps für Mikrofonierung

Für das Recording und die Mikrofonierung gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für die Lokalisation der idealen Hörposition. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Gehör und dem Mikrofon besteht jedoch. Das Gehör nimmt ausschließlich den Schalldruck auf. Ein Mikrofon ist je nach Bauweise für Schnellschnellen (siehe Grafik oben) empfindlich. Das heißt, dass die Aufnahme anders klingt, als euer Gehör an der selben Stelle wahrnimmt. Hier können leichte räumliche Verschiebungen bereits Abhilfe schaffen. Vor allem in mobilen Setups: Probieren geht manchmal tatsächlich über studieren…

Raummoden in der Postproduktion

Oft hat man nicht das Glück, sich selbst um die Aufnahmen kümmern zu können. Dann muss man mit dem Material umgehen, das man zur Verfügung hat. Beinhalten diese ein störendes, vom Raum verursachtes Dröhnen, kann auch mit präzise gesetzten Filtern selten etwas gerettet werden, ohne die Klangquelle selbst zu nachhaltig zu stören.

proximity:EQ+ ermöglicht in der Bearbeitung von Raummoden in der Postproduktionen  einen neuen Zugang. Der EQ kann nämlich zwischen Nachhall und Direktsignal unterscheiden – und das für jeden Frequenzbereich für sich. Das ermöglicht nun, die störenden Raumresonanzen oder Raummoden für ausschließlich die betroffene Frequenz herauszufiltern. Der charakteristische Klang der Quelle bleibt unberührt.

Bauliche Maßnahmen, um Raumresonanzen zu zähmen

PRO-TIPP: Für nachhaltige Schalldämmung, vergesst Eierkartons und Verpackungsmaterial aus (billigem) Schaumstoff. Der positive Effekt auf die Raumakustik ist minimal und Raummoden bekommt ihr damit schon gar nicht in den Griff.

Wir haben hier einige Methoden behandelt, wie man schnell, einfach und relativ kostengünstig den gravierendsten Effekten von Raummoden aus dem Weg gehen kann. Für ein professionelles Arbeiten oder ein kommerzielles (Aufnahme-)Studio empfiehlt es sich, zusätzlich bauliche raumakustische Maßnahmen zu ergreifen.

Zur baulichen Schalldämmung gehören Basstraps (Bassfallen), Eckabsorber, Plattenabsorber oder Helmholtz-Resonatoren. Solche Konstruktionen machen das Klangbild ausgewogener und verringern modenbedingtes Bassdröhnen erheblich. Es handelt sich dabei um individuell auf einen Raum und auf genau definierte Frequenzen abgestimmte Resonatoren. Absorber für tiefe Frequenzen finden nicht in jedem Raum Platz. Immerhin müssen sie, um Wirkung zu zeigen, in der Regel eine Bautiefe von mindestens 30 cm vorweisen. Wir wollen hier kurz zwei grundlegenden Typen von Absorbern behandeln:

Resonanzabsorber

Zu Resonanzabsorbern zählen Plattenabsorber oder Helmholtz-Resonatoren (Wikipedia). Im Prinzip entnehmen sie gewissen Frequenzen die Energie, indem sie mit diesen in Resonanz gehen und sie dadurch abbremsen. Der Frequenzbereich, in dem sie wirken, ist meistens eher schmalbandig.

panel absorber

helmholtz-resonator

Poröse Absorber

Poröse Absorber sind aus einem Schaumstoff gemacht, der luftdurchlässig ist. (Im Gegensatz zu herkömmlichem Verpackungsmaterial.) Man nennt sie gerne Basstraps, Bassfallen oder sie kommen in Form von Eckabsorbern vor. Es handelt sich aber immer um dasselbe Prinzip. Sie kommen in unterschiedlichen Größen und Formen, wie zum Beispiel Säulen oder in Keilform zur Wandmontage. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit, weil recht einfach in der Anwendung.

Achtung! Zuviel des Guten macht euren Raum dumpf.