Transferfunktionen in Audio Plug-ins

August 8, 2022 | Know-how

Bei der Arbeit mit Audio Plug-ins bist du vielleicht schon einmal über den Begriff „Transferfunktion“ gestolpert – beispielsweise haben wir in unserem neuesten Plug-in smart:comp 2 eine „free-form transfer function“ (frei parametrisierbare Transferfunktion) integriert. In diesem Artikel wollen wir dir generell das Konzept von Transferfunktionen verständlich machen, dir erklären, warum Transferfunktionen besonders dann interessant sind, wenn du das Verhalten eines Kompressors besser verstehen willst und wie dir eine frei-einstellbare Transferfunktion viele kreative Möglichkeiten eröffnen kann.

Was ist eine Transferfunktion?

Bevor wir auf die Details von Transferfunktionen in Kompressoren eingehen, schauen wir uns erstmal das grundlegende Konzept an. Im Ingenieurswesen ist eine sogenannte Transferfunktion eine mathematische Methode um den Ausgangswert (oder Ergebnis) eines Systems für jeden möglichen Eingangswert darzustellen. Wenn wir uns einen 2-dimensionalen Transferfunktion-Graph ansehen, repräsentiert die horizontale Achse (x-Achse) alle möglichen Eingangswerte und die vertikale Achse (y-Achse) stellt die entsprechenden Ausgangswerte dar. Die Funktion beschreibt also wie ein Eingangswert auf einen bestimmten Ausgangswert übertragen wird.

Ein sehr bekanntes und intuitives Beispiel für eine Transferfunktion in Plug-ins ist der grafische Equalizer: Die x-Achse repräsentiert alle Frequenzen während die y-Achse den Gain in spezifischen Frequenzen darstellt. Die EQ Kurve beschreibt den Ausgangswert (Gain) für einen bestimmten Eingang (Frequenz).

Grafischer Equalizer repräsentiert alle Frequenzen auf der X-Achse und den Gain in spezifiischen Frequenzen aud der Y-Achse

Transferfunktionen und Kompression

Eine andere weitverbreitete – jedoch etwas kniffligere – Transferfunktion ist der sogenannte Kompressor-Graph (auch Kompressionskurve oder Kompressor-Transferfunktion genannt). In diesem Fall repräsentiert die Transferfunktion ein direktes Mapping von einem Eingangslevel (x-Achse) auf ein Ausgangslevel (y-Achse).

Typischer Kompressor-Graph, der eine gerade, diegonale Linie darstellt, die über dem Threshold flacher wird

Wie du vielleicht schon weißt, ist ein typischer Kompressor-Graph eine gerade, diagonale Linie unter dem Threshold-Wert, die über dem Threshold flacher wird (wenn das Signal komprimiert wird). Das zeigt, dass ein Eingangswert unter dem Threshold exakt demselben Ausgangswert zugewiesen wird, während Eingangswerte über dem Threshold zu geringeren Ausgangswerten werden – sie werden komprimiert.

Level-Histogram mit und ohne Kompression

Die Auswirkungen dieser klassischen Kompression sind klar ersichtlich, wenn du dir die durchschnittliche Level-Verteilung (genannt Level-Histogramm) eines Signals vor und nach der Kompression ansiehst. Da die Verteilung zeigt, wie oft ein bestimmtes Level in einem Signal vorkommt, weist eine breite Verteilung auf viele unterschiedliche Signallevel hin (hohe Dynamik) und eine schmalere Verteilung zeugt von nur wenig Level-Variation – und damit einer geringen Dynamik.

Mit Hilfe eines so genannten Makeup-Gain kann das Signallevel des komprimierten Signals wieder auf das Level des ursprünglichen Eingangssignals angehoben werden – diese Kombination aus Peak-Kompression und Makeup-Gain nennt man „Downward Compression“.

Abbildung eines sich verändernden Signals nach der Kompression und nach dem Hinzufügen eines Makeup-Gain

Frei-Form Transferfunktion

Was passiert, wenn die Transferfunktion unter dem Threshold keine gerade Linie mehr ist? Es wird möglich, jedes Eingangslevel auf jedes mögliche Ausgangslevel zu mappen. Ein typisches und einfaches Beispiel für diese Art des Mappings ist ein Gate: alle Eingangswerte unterhalb des unteren Thresholds werden auf einen Ausgangswert von Null gemappt. Daraus ergibt sich, dass alle Signalpegel unter diesem Threshold im Ausgangssignal verschwinden.

Freiform-Transfer-Funktion, zeigt die Kompression und Expansion

Mit smart:comp 2 kannst du noch einen Schritt weitergehen: mit seiner Frei-Form Transferfunktion ist es möglich, komplexe Eingangs- zu Ausgangsmappings zu erreichen. Was daran so verlockend ist? Schau dir die drei folgenden Beispiele an:

Upward compression

Du hast vielleicht schon vom Begriff „Parallel Compression“ gehört. Mit dieser Kompressionstechnik versucht man typischerweise leisere Signalanteile zu boosten, indem eine stark komprimierte Version und eine unkomprimierte (oder nur sehr dezent komprimierte) Version eines Signals gemixt werden. Statt laute Signalkomponenten wie Peaks zu komprimieren – wie bei einer Downward Compression – schaffst du es mit dieser Technik, die Dynamik zu verringern indem leisere Anteile lauter gemacht werden.

Parallele Kompression dargestellt in sonibles smart:comp 2

Upward Compression ist eine hervorragende Methode um einen sehr dichten und kompakten Sound zu kreieren, da die Transienten erhalten bleiben (keine Downward Compression), während die Dynamik trotzdem reduziert wird.

Mit smart:comp 2’s Frei-Form Transferfunktion kannst du diesen Effekt sehr einfach erreichen, indem du leise Signalanteile mit einem zusätzlichen Kontrollpunkt nach oben ziehst – oder du wählst das entsprechendes Template für die Transferfunktion.

 

Mittenbereich expandieren (Mid-Level Expansion)

Normalerweise befindet sich die meiste Energie eines Signals rund um das mittlere Signallevel. Mit Mid-Level Expansion kannst du die Dynamik in diesem Bereich erhöhen und gleichzeitig Peaks komprimieren. So bleibt die allgemeine Dynamik so gut wie erhalten und du kannst den Fokus der Dynamik auf den Mittenbereich setzen.

Mittenbereich expandieren dargestellt in sonibles Kompressor Audio Plugin

 

Mitten-Bereich komprimieren (Mid-Level Compression)

Das Gegenteil von Mid-Level Expansion ist die Mid-Level Compression. Mit dieser Technik erreichst du, dass der Mittenbereich komprimiert und damit kompakter wird, ohne die Transienten deines Signals einzuschränken. Damit erreichst du einen kompakten, dichten Klang, ohne die Transienten des Signals zu reduzieren.

Mitten-Bereich komprimieren (Mid-Level Compression) dargestellt in sonible's Kompressor

 

Das sind nur drei Beispiele, die mit der Frei-Form Transferfunktion in smart:comp 2 möglich sind. Natürlich kannst du auch deine eigenen, einzigartigen Mappings kreieren, um kreative Effekte oder einen spezifischen Kompressionscharakter zu erzielen.

Du willst kreativ werden? Lass dich inspirieren und hol dir dein 30-tägiges Demo von smart:comp 2 hier.